Rezepte gegen üble Nachrede

Sobald es um Klatsch und Tratsch geht, da öffnen sich auffällig viele Ohren sehr weit. Die vor dem Ertrinken rettende Heldentat von Opa Oskar erscheint jedoch meistens weniger interessant als die angebliche Skandal-Enthüllung über Fußballer Philipp oder Sängerin Selina. Positives scheint kaum zu interessieren.

Warum ist das so? Eine Psychologiestudentin aus unserer Region hats auf den Punkt gebracht: „Ist doch klar“, sagte sie, „in dem Moment, wo wir die angeblichen Fehler anderer Leute multiplizieren und uns die Mäuler über andere zerreißen, da lenken wir prima von unseren eigenen Fehlern ab. Wer andere Leute klein und schlecht macht, will dadurch selber größer und besser erscheinen…“

Also: Mobbing im Betrieb und Zwietracht in Vereinen säen und andere herabsetzen, scheint meistens was mit Kleingeistigkeit oder Kleingläubigkeit zu tun zu haben. Und auch mit Angst – ein Gefühl, das aber laut Bibel den Jesus-nachfolgenden Leuten nicht existentiell an die Gurgel gehen muss. Denn Christen glauben an Gottes Sohn, über den sich schon frühe Zeitgenossen gewundert haben: „Was ist das für ein“ [furchtloser] „Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind?“ (Matthäus 8,27)

Martin Luther hat sinngemäß gesagt: „Fehlt es euch an Arbeit, dass ihr Zeit für üble Nachrede habt?“

Ein Jugendpfarrer aus dem Ruhrgebiet hat in den 1950er Jahren kundgetan: „Wer gut beschäftigt ist, hat keine Zeit zum Sündigen.“

Und ein weiser Mensch aus dem Lahn-Dill-Kreis hat es so auf den Punkt gebacht: Schau dir die Wolken an. Sie ziehen von selber vorüber – also: Manches „Laute“ sollte man besser gar nicht so wichtig nehmen.

Wer positive Aufgaben sieht, hat meistens gar keine Lust auf’s Zerstören und Verleumden, Klatschen und Tratschen, Übertreiben und Hinzudichten – oder darauf, ahnungslose Spaziergänger anzuhalten und in ein Gespräch zu verwickeln, gegen das sich die „Überfallenen“ kaum wehren können.

Wer gute Aufgaben sehen kann, möchte meistens konstruktiv gestalten. Beten und handeln statt treten und „schandeln“.

Schon Sokrates hat gegen üble Nachrede folgendes empfohlen:

„Das erste Sieb für deine Story ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“ – „Nein, ich hab es nur gehört, aber…“ – „So so! Sicher hast du es aber mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst – wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist -, so doch wenigstens gut?“ – Zögernd sagte der andere: „Weiß ich nicht so recht…“ – „Aha!“ unterbrach Sokrates. „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden und fragen, ob es überhaupt notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich aufregt!“ – „Notwendig nun gerade nicht…“- „Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was du mir erzählen willst, weder wahr noch gut noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“

Schön, wenn wir den Mut zu solch klarer Einstellung und Anwendung finden – um Zeit und Energie zu sparen, Frieden und Glück zu vermehren und durchschaubar unselige Wichtigtuerei auf Null zu drehen.

Gesegnete Unruhe 😉
und alle guten Grüße und Wünsche!
Pfarrer Carsten Heß

 

Bild: web_R_K_by_Kurt Michel_pixelio.de

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