Geschichte

Unter den nachfolgenden Links finden Sie Interessantes aus der Geschichte der  Kirchen Hochelheim und Hörnsheim

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Tafel Hochelheim

Gedenktafel macht auf Pfarrer Paul Schneider aufmerksam
Altes Pfarrhaus in Hochelheim wird ErinnerungsortGarten Pfarrhaus

Hüttenberg (bkl). „Die Plakette ist für uns die Verpflichtung, die demokratischen Werte, die wir in Deutschland haben, kämpferisch zu erhalten.“ Das hat Heiko Ehrhardt, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Hochelheim-Hörnsheim (bis 2016), im Garten des alten Pfarrhauses in Hochelheim im Rahmen einer Gedenkfeier gesagt. Am 18. Juli 2014, dem 75. Todestag von Pfarrer Paul Schneider, war eine gläserne Tafel am Pfarrhaus in der Hauptstraße 64 angebracht worden. Sie präsentiert in Bild und Text ein Kurzportrait des Widerstandskämpfers im Nationalsozialismus und seiner Familie. Paul Schneider, dessen Vater bereits Pfarrer in Hochelheim und Dornholzhausen war, und dessen Nachfolger das Mitglied der Bekennenden Kirche wurde, hat 24 Jahre und damit den größten Teil seines Lebens in diesem Haus gewohnt. Von 1926 bis 1934 war Paul Schneider Pfarrer in Hochelheim und Dornholzhausen. 1939 wurde er im Konzentrationslager Buchenwald von den Nationalsozialisten ermordet. „Mit dieser Plakette tragen wir einen kleinen Teil dazu bei, dass an Menschen erinnert wird, die solche Gräueltaten erlebt haben“, machte Bürgermeister Christof Heller deutlich. Wie unter anderem Gemeindepfarrer Heiko Ehrhardt und Kirchmeister Herbert Zörb hatte auch er die Gedenkfeier zum Todestag von Paul Schneider am 18. Juli in Weimar besucht. Heller lud gleichzeitig zum Rundgang zu Haustafeln ein, die an Häusern von jüdischen Mitbürgern angebracht wurden. Die Führung startet am 31. Juli um 18 Uhr am ehemaligen Schulhaus (Hauptstr. 55).
Gestaltet hat die Tafeln, wie auch die am alten Pfarrhaus, Janina Harfst. Den Text am alten Pfarrhaus hat der neue Besitzer verfasst.
Ein ausgezeichnetes Gedächtnis bewies die 92-jährige Zeitzeugin Maria Hanke, ehemals Leiterin der von Paul Schneider gegründeten Evangelischen Frauenhilfe. Sie rezitierte auswendig das Gedicht, das sie anlässlich der Verabschiedung von Paul Schneider 1934 in der Gaststätte „Steinernes Haus“ als 12-Jährige aufgesagt hatte. Verfasst hatte es damals Johannes Hamann aus Frankfurt, Feriengast in Hochelheim.

Zu Beginn hatte der neue Hausbesitzer rund 40 Teilnehmende aus der Region begrüßt, darunter auch Pfarrer Hans-Dieter Dörr und Gemeindereferent Rüdiger Henke für den Kirchenkreis Wetzlar und Vertreter der Evangelischen Freien Gemeinde.

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Der Text der Tafel im Wortlaut:

Paul Schneider
„Der Prediger von Buchenwald“

Paul Schneider, geb. 1897, trat im Jahre 1926 als evangelischer Pfarrer für Hochelheim und Dornholzhausen die Nachfolge seines Vaters an. Aus seiner Ehe mit Margarete Dieterich gingen sechs Kinder hervor. Bis zur Zwangsversetzung Paul Schneiders im Frühjahr 1934 wohnte die Familie hier, im damaligen Pfarrhaus von Hochelheim. Bereits in seiner Zeit als Pfarrer in Hochelheim weigerte sich Paul Schneider, die NSDAP politisch zu unterstützen. Ihm wurde klar, dass die Ziele der Nationalsozialisten nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar waren. So protestierte er bereits im März 1933 gegen das von der NSDAP angeordnete Läuten der Kirchenglocken anlässlich der ersten Versammlung des neuen Reichstags. Für seinen offenen Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde Paul Schneider mehrfach inhaftiert und am 18. Juli 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.

Fotos: Barnikol-Lübeck

BU 1: Eine Gedenktafel an Pfarrer Paul Schneider und seine Familie wurde am alten Pfarrhaus in Hochelheim angebracht. Davor stehen (v.l.) Bürgermeister Christof Heller, die neuen Besitzer des Pfarrhauses (Namen aus Datenschutzgründen entfernt; d. Red.), Zeitzeugin Maria Hanke und Pfarrer Heiko Ehrhardt.

BU 2: Rund 40 Teilnehmende hatten sich im Pfarrgarten zum Gedenken an Paul Schneider und seine Familie versammelt.

BU 3: Die Tafel zur Erinnerung an Paul Schneider und seine Familie ist seit dem 18. Juli 2014, dem 75. Todestag des Widerstandskämpfers, am alten Pfarrhaus in Hochelheim zu sehen.

 

Vor 75 Jahren wurde der Hochelheimer Pfarrer Paul Schneider ermordet

Der „Prediger von Buchenwald“ ist auch heute noch ein Mahner für den Glauben

„Hört mal zu, Kinder! Den Namen dürft ihr nicht vergessen, Paul Schneider ist unser erster Märtyrer.“ Dieser Ausspruch stammt von dem evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, als er unmittelbar nach dem 18. Juli 1939 vom Tod Paul Schneiders im Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar erfuhr. 75 Jahre ist der Mord am „Prediger von Buchenwald“ her.
Der Name Paul Schneider ist eng mit Mittelhessen verbunden, hat er doch von 1910 bis 1934 mit Unterbrechungen hier gelebt. Paul Schneider, 1897 in Pferdsfeld im Hunsrück geboren, wurde wegen seiner entschiedenen Glaubenshaltung auch als Dickschädel aus dem Hunsrück bezeichnet. „Niemand konnte den Geistlichen von seinen Überzeugungen abbringen, schon gar nicht die Nationalsozialisten“, heißt es in einer der vielen Rückblicke auf sein Leben.
Im Alter von zwölf Jahren kam Schneider mit seiner Familie nach Mittelhessen. Vater Gustav Adolf Schneider wurde an Ostern 1910 als Pfarrer für Hochelheim und Dornholzhausen eingeführt. Die Familie lebte im Pfarrhaus in Hochelheim. In Gießen besuchte Paul Schneider das Gymnasium. Als 18-Jähriger meldete er sich als Freiwilliger zum Kriegsdienst, wurde 1916 an der Ostfront verwundet und mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Ab 1918 studierte Schneider Theologie in Gießen, Marburg und Tübingen. Nach dem Examen 1922 arbeitete er in einer Eisenhütte in Dortmund-Hörde, um soziale Erfahrung im industriellen Milieu zu sammeln, und war 1923/24 in der Berliner Stadtmission tätig. Im gleichen Jahr kam er nach Hochelheim zurück und unterstützte seinen Vater. Am 30. Januar 1925 wurde er in der Kirche seines Vaters in Hochelheim ordiniert. Als sein Vater im Januar 1926 starb wählte ihn das Presbyterium zu dessen Nachfolger. Bis zum Dienstantritt am 4. September 1926 arbeitete Schneider noch als Hilfspfarrer in Essen. Wenige Wochen vor seinem Antritt heiratete er im August Margarete Dieterich in Weilheim bei Tübingen. Die Trauung vollzog der Vater der Braut, Pfarrer Karl Dieterich. Zwischen 1927 und 1937 wurden dem Ehepaar sechs Kinder geboren. Insgesamt etwa sechseinhalb Jahre konnte er in Hochelheim und Dornholzhausen wirken. Paul Schneider hielt sich während des Dritten Reiches zur Bekennenden Kirche. Zunehmend geriet er nicht nur in Widerspruch zum Naziregime sondern auch zum örtlichen Presbyterium. Eine Begebenheit ist laut eines Chronikers überliefert: Am 21. März 1933 kam der neue Reichstag in Berlin zusammen. Anlässlich dieses Tages sollten ab 12 Uhr eine halbe Stunde lang im ganzen Land die Glocken geläutet werden. Nachdem dies um 9 Uhr im Dorf bekannt gegeben worden war, beantragte ein Hochelheimer Gemeindeglied, dass dies auch in der evangelischen Kirche des Dorfes geschehen solle. Ein kirchlicher Erlass war nicht ergangen. Noch am Vormittag kamen die vier Presbyter zu einer kurzfristig einberufenen Sitzung im Pfarrhaus zusammen, um über diesen Antrag zu beraten. Schneider sagte laut Presbyteriumsprotokoll: „Nicht nur um des Übergriffs der NSDAP und der kommunalen Behörden in die Rechte der Kirche willen, sondern auch um der politischen Zurückhaltung willen seitens der Kirche und um deutlich zu machen, dass wir nicht Staatskirche sind, bittet der Vorsitzende, den Antrag abzulehnen, ohne damit dem nationalen Tag irgendwie zu nahe zu treten.“

Auf den Einwand eines Presbyters, „um der nationalen Bedeutung willen“ dennoch die Glocken zu läuten, stellte sich das Presbyterium gegen Schneider. Zugleich beschloss es aber, „daß es für die Zukunft ähnliche Eingriffe in die Rechte der Kirche zurückweist“. Es folgten weitere Auseinandersetzungen. Nach Angaben von Kirchmeister Herbert Zörb sind die entsprechenden Seiten aus dem Kirchenbuch heraus gerissen worden. Seine letzte Predigt hielt Schneider am 28. Januar 1934 in Hochelheim. Anschließend wurde er von der rheinischen Kirche auf Druck der NSDAP nach Dickenschied im Hunsrück versetzt. Ein wichtiges Leitwort entnahm Paul Schneider der Apostelgeschichte, Kapitel 5, Vers 29: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“. Heute hängt eine Tafel mit diesem Satz an der Empore der Kirche in Hochelheim und seinen Lebensdaten. Im Vorraum der evangelischen Kirche seines zweiten Wirkungsortes Dornholzhausen hat die Gemeinde eine Gedenktafel angebracht, auf der es heißt: „Christus spricht: Ich bin dazu geboren und in die Welt zu kommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme“ (Joh. 18, 37). Und es folgt der Zusatz: „In dieser Kirche predigte vom 4. September 1926 bis zum Februar 1934 Pfarrer Paul Schneider, geboren am 29. August 1897 in Pferdsfeld, gestorben am 18. Juli 1939 im Konzentrationslager Buchenwald“.
Nach mehreren Verhaftungen wurde Schneider im Jahr 1937 ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Von den Kirchenbehörden war der unliebsame Pfarrer in den Wartestand versetzt worden.
Auch im KZ war der bekennende Christ nicht zu brechen. „Kameraden, hört mich“, rief er als Häftling Nummer 2491 in Block 22 aus dem Zellenfenster. „Hier spricht Pfarrer Paul Schneider. Hier wird gefoltert und gemordet. So spricht der Herr: Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ Ein „unglaubliches Verhalten“, das der Häftling da an den Tag lege, vermerkte ein Aufseher. Etwa zwei Minuten lang sprach Schneider mit lauter Stimme, ehe die KZ-Schergen ihn wegzogen und mit Prügeln bedachten. An Ostern 1939 rief Paul Schneider aus seiner Einzelzelle den zum Morgenappell angetretenen Mithäftlingen die Osterbotschaft aus dem Johannesevangelium, Kapitel 11, Verse 25 und 26 zu: “Christus spricht: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben.“ Nach einem verweigerten Fahnenappell zu Hitlers Geburtstag kam er in Bunkerhaft und wurde misshandelt und gefoltert. Eine Predigt aus dem Bunkerfenster an die zum Appell angetretenen Häftlinge führte zu weiteren Lagerstrafen und schließlich am 18. Juli 1939 zur Ermordung durch die Injektion von Strophanthin. An der Beerdigung in Dickenschied am 21. Juli nahmen unter den Augen der Gestapo etwa 200 Pfarrer aus ganz Deutschland teil, die meisten im Talar. Seine Witwe verfasste das Buch „Der Prediger von Buchenwald“ und hielt dadurch das Erbe von Paul Schneider im Gedächtnis der Menschen.
Heute erinnert ein Gedenkstein auf dem alten Friedhof in Hochelheim an den Märtyrer. Die evangelische Kirchengemeinde Hochelheim/Hörnsheim hat ihr Gemeindehaus nach Paul-Schneider benannt und auch die Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels gaben ihrem Freizeitheim in Dornholzhausen, dem ehemaligen Strauchhof, den Namen Paul-Schneider-Freizeitheim.
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat ihr Verhalten gegenüber Pfarrer Paul Schneider in den letzten Jahren überdacht. Zu seinem 70. Todestag schrieb der damalige Präses Nikolaus Schneider: „Bei ihm waren Glauben und Handeln in selbstverständlicher Weise vereint. Mutig und furchtlos ließ er nicht ab von seinem Glauben. Er blieb Verkündiger des Wortes Gottes – bis in den Tod hinein“.
Lothar Rühl